Ein Berlin-Schmuse-Artikel ist das nicht

Zuhause in Berlin

Damit eins mal gleich klar ist: Ein Schmuseblog über das dufte Berlin ist das hier nicht. Unsere Stadt nervt oft ganz gewaltig, auf vielerlei Arten, jeden einzelnen Tag. Sie hat U-Bahn-Kontrolleure, die auch Kickboxer sein könnten. Hipster, die besser Flat-Whites trinken können, als ihre „Projekte“ zum Abschluss zu bringen. Des Weiteren: Akkordeon spielende „Straßenmusikanten“ (Sie wissen, wen ich meine), großkotzige Polizisten, Gangster im matt schwarzen S Klasse AMG, endlose Baustellen (die nächste in Tempelhof, Kaiserin Augusta Straße), miesgelaunte Tresenkräfte die zwar Deutsch sprechen könnten, die englische Sprache jedoch den Zeitgeist wiederspiegelt, sowie Heerscharen an Touristen.

JR

Die einzige auf Weltniveau

Und dennoch. Berlin ist und bleibt auf absehbare Zeit die einzige deutsche Stadt auf Weltniveau. Die einzige, der man das Wort „Groß“ bedenkenlos voranstellen kann – und die genau daher alle anzieht, die es aus der Spießbürgerlichkeit des Restlandes heraustreibt. Menschen in Porsche Cayennes werden hier eher belächelt als bewundert, niemand wird angestarrt, weil er in einem Film mitgespielt hat, bunte Haare hat oder tätowiert ist. Wer ist hier schon nicht tätowiert?! Und wen das Schicksal einmal dazu verdammt hat, den Inspirationspegel der Stadt München ermitteln zu müssen, der seht sich jeden verdammten Tag auf die Straßen Kreuzbergs, Moabits oder Friedrichshains zurück.

StreetArt

Vorne rum scheiße, hinten rum nett

Die Berliner werden etwas vorschnell der Schroffheit bezichtigt. Zunächst mal ist gar nicht einzusehen, was so unfreundlich daran ist, wenn jemand einen Großteil der Stadt von Zugezogenen besiedeln lässt – ja, ihnen ganze Stadtteile überlässt, ohne groß zu murren. Der Berliner erzeugt keinen Assimilationsdruck auf neue Bürger. Er lässt sie in ihren Ghettos wursteln, er zeigt jedem eine Ecke, in der er sich einrichten kann, und schreit nicht ständig nach Anpassung wie der Schwabe. Hiesige Kiezgrößen sagen: „Berliner sind vorne rum scheiße und hinten rum nett“. Ende der Scheinheiligkeit. Der Berliner hat alle Vorzüge eines Menschen mit großem Selbstbewusstsein. Er spielt sich nicht ständig in den Vordergrund. Er will nicht von allen geliebt werden. Er verwechselt Cleverness nicht mit Temperamentslosigkeit und wird immer einen Weg finden seiner Meinung Nachdruck zu verleihen.

Rebels-without-a-cause

Das Leben der Anderen

Auf diesem Blog gibt es keine Reportagen darüber, wo die Promis essen oder welche Viertel gerade groß im Kommen sind. Es gibt auch keine Standard Glossy-Fotos, weil man die nach etlichen Hauptstadtreportagen schon alle gesehen zu haben glaubt. Es wird ein soziologischer Blog aufgebaut, der sich mit den Menschen und dem Leben der Menschen beschäftigt, die hier sind, denn sie machen die Stadt aus. Nicht zuletzt ist dieser Blog auch ein Dank an die Stadt.

Dämmerung-über-Berlin